Schimpfwort oder stolzer Rufname? Woher stammt der Begriff „Gelbfüßler“?
Liegt es an den gelben Socken oder tragen im Badischen die Menschen alle gelbe Gummistiefel? Jeder Badner, diejenigen, die sich ein wenig mit der badischen Geschichte auskennen aber auch die Nicht-Badner haben das Wort sicherlich schon irgendwann einmal gehört: „Gelbfüßler“.
Diese Bezeichnung für aus Baden stammende Menschen wird auch heute noch von manchen abfällig gebraucht. Doch nichtsdestotrotz von vielen Badenern mit Stolz geführt. Schließlich dient der Begriff nicht zuletzt der Abgrenzung von den Württembergern, mit denen die Badener nicht ganz freiwillig in einem Bundesland vereint wurden. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt: So ganz auf die Bewohner Badens beschränkt – wie viele heute annehmen – war die Bezeichnung früher keineswegs. Und dass der Name etwas mit der Farbe Gelb zu tun hat, scheint eine ganze Reihe von Gründen zu haben.
Der Begriff „Gelbfüßler“ fällt immer im Zusammenhang mit den südwestdeutschen Einwohnern. Doch was genau bedeutet es und was bitteschön sollen „gelbe Füße“ mit den Badenern zu tun haben? Der Begriff des „Gelbfüßlers“ wurde bereits vor vierhundert Jahren geprägt und bezeichnete einst den gesamten südwestdeutschen Volksstamm. Erst vor etwa 200 Jahren wurde der Begriff „Gelbfüßler“ speziell in Verbindung mit den Schwaben gebraucht. Doch zu den sogenannten damaligen „Schwaben“ zählten früher alle Bürger aus dem alemannischen Sprachraum, also auch das Elsass und die Pfalz. Die „Schwaben“ waren einst die Nachkommen eines germanischen Stammes, die von den Römern am unteren Neckar angesiedelt worden waren. Die Badener, die Württemberger und die Bayern: So klar wie heute war die Aufteilung zwischen Landschaft und Volksgruppen in den vergangenen Jahrhunderten nicht. So zählten beispielsweise im 10. Jahrhundert zum Herzogtum Schwaben ein Gebiet, das vom Elsass im Westen bis nach Augsburg im Osten und bis zum Hauptkamm der Alpen im Süden reichte.
Zuerst war die Bezeichnung eine Beleidigung: Im „Bayerischen Wörterbuch“ von 1872 steht das Wort „Gelbfüßler“ als einer der vielen Spottnamen, mit denen die Schwaben früher betitelt wurden. Selbst die berühmten Märchenerzähler Gebrüder Grimm kannten die Bezeichnung „Gelbfüßler“ und schrieben in ihrem „Deutschen Wörterbuch“ von 1897: „Vor Zeiten ein Spottname der Schwaben bei den Nachbarn.“
Doch woher stammt der Begriff genau? Im Schwäbischen Wörterbuch (Stuttgart 1831) findet man unter „Gelbfüßler“ folgende Idee: „Die Württembergischen Weinbauern des Unterlandes tragen gelbe hirschlederne Hosen, oder wegen der Farbe der Livree der Hofbediensteten.“
Und von diesen Schwaben wurde bereits im 16. Jahrhundert behauptet, sie hätten „gelb Füß“. Das stammt aus dem 1582 veröffentlichten Werks des Schriftstellers Johann Fischart. Es ist die älteste bekannte Quelle, in der von gelber Fuß-Farbe die Rede ist. Doch woher dieser Begriff genau kommt, darüber kann man nur spekulieren.
Eine Erklärung ist, dass die ärmlichen Bewohner des Landes meist barfuß unterwegs waren und auf den Straßen in Staub und Dreck getreten sein mussten – die Füße dann dementsprechend aussahen. Aber das war nicht nur im süddeutschen Raum so und deshalb ist diese Theorie zu verwerfen.
Seit dem 19. Jahrhundert gibt es andere Hinweise für die Bezeichnung „Gelbfüßler“. Eine Anekdote aus dem schwäbischen Städtchen Bopfingen erzählt sogar, dass die Bewohner als Abgabe an den Herzog Eier liefern mussten – und um mehr davon in einem Korb unterzubringen, hätten sie versucht, diese mit den Füßen ein wenig zu verdichten. Dabei seien dann wohl einige Eier kaputt gegangen und das Eigelb hätte an den Füßen geklebt. Nun kann man sich ja bekanntlich über Sinn und Unsinn streiten. Deshalb schnell zur nächsten Theorie, die durchaus sinnvoller und glaubwürdiger ist: Die Farbe Gelb ist neben Rot schon immer die zentrale Farbe des einst souveränen Staates Baden. Und dieser „Nationalfarbe“ trägt der Badener auch an den „Füßen“. Denn bekannt ist, dass früher die badischen Weinbauern vielerorts Hosen aus gelbem Hirschleder getragen haben. Hier muss allerdings erklärt werden, dass im südlichen Dialekt der Begriff „Fuß“ nicht nur das Körperteil unterhalb des Knöchels bezeichnet, sondern das ganze Bein.
Die am weitesten bekannte und erzählte Anekdote handelt allerdings vom badischen Regiment. Die Rede ist hier von gelben Gamaschen, die einst von den Soldaten Badischer Regimente getragen worden sein sollen. Deshalb scheint das für viele Badener auch die plausibelste Erklärung zu sein, warum sie auch heute noch als „Gelbfüßler“ bezeichnet werden.
Viele sehen diesen Spitznamen allerdings gelassen. Warum auch nicht. Schließlich sind sie ja nicht damit allein. Auch in Ostfriesland trägt man zum Ostfriesennerz immer stilecht gelbe Gummistiefel.
Fazit: Der „Gelbfüßler“ war zur Anfangszeit nicht zwingend ein Bewohner des heutigen Badens, sondern konnte aus dem gesamten südwestdeutschen Raum stammen. Warum diese Bezeichnung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schließlich nur noch für die Bewohner Badens verwendet wurde, ist geschichtlich nicht ganz nachvollziehbar. Nur eins scheint sicher: Die Zusammenlegung Badens und Württembergs 1952 zu einem Bundesland hat die Verbreitung des „Spitznamens“ eher gefördert denn gebremst. Denn die Rivalität der beiden einst souveränen Staaten ist auch heute noch ein steter Quell von Spott und Hänseleien.
Foto: AdobeStock / PiyawatNandeenoparit